Bau eines Doppelrefraktors (Jing&Jang)
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Durch einige Jahre Beobachtungserfahrung mit dem
APM 4" ED Bino
bin ich auf den Geschmack gekommen, bei der Deep-Sky Beobachtung beidäugig zu beobachten. Die beidäugige Beobachtung
ist einfach deutlich entspannter und bringt bei gleicher Öffnung einen deutlichen Wahrnehmungsgewinn. Gestört hat mich
dabei immer nur, dass höhere Vergrößerungen mit den achromatischen Objektiven des APM nicht wirklich brauchbar zu
realisieren waren, zum einen durch den auftretenden Farbfehler, zum anderen aber auch durch die mangelnde Zentrierung
der Okulare und des damit einhergehenden Verlustes der Deckungsgleichheit der Einzelbilder. So habe ich insgeheim
immer schon davon geträumt, auch inspiriert durch die am Markt erhältlichen Geräte von
Astromechanik,
mein vorhandenes Vixen ED 102SS irgendwann einmal zu verdoppeln. Der Blick durch ein Astromechanik-Bino auf dem ITV 2012
hat mich dann zum Entschluss gebracht, mit dem Projekt zu beginnen. Die Suche nach einem zweiten, gebrauchten Vixen
ED 102SS gestaltete sich dann wider erwarten recht schnell erfolgreich, dank eines belgischen Sternfreundes, der so
ein Gerät und dann auch noch mit einem Moonlite-Auszug abzugeben hatte.
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Das nebenstehende Bild zeigt bereits den fertigen Doppelrefraktor "Jing&Jang", so benannt, weil einer der Refraktoren
weiße und der andere baugleiche schwarze Rohrschellen aufweist (es waren keine schwarzen Original Wiliams Schellen mehr
zu bekommen). Die Refraktoren sind mit zwei H-förmigen Verbindungsstücken (Dank dafür an die Werkstatt des IMM), welche
jeweils oben und unten auf die Flats der Rohrschellen geschraubt wurden, verbunden. Als Umlenksysteme wurden
EMS Umlenksysteme von Matsumoto in 1,25"-Format eingesetzt. Das ganze Doppelfernrohr wiegt komplett knappe 10 kg und ist
damit nochmal knapp 3 kg schwerer, als das zuvor benutzte APM Bino.
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Ein Kernstück des Doppelrefraktors sind die beiden EMS Umlenksysteme von
Matsumoto
, die über jeweils nur zwei Umlenkspiegel ein seitenrichtiges und aufrechtes Bild liefern. Die 1 1/4" Variante dieser
Umlenksysteme hat einen relativ geringen optischen Weg und erlaubt bei einem Backfokus der Refraktoren von 170 mm eine
Fokussierung ohne die Tuben kürzen zu müssen. Die Umlenksysteme wurden über
AOK Swiss
bezogen, wo Doppelrefraktoren von Borg auch direkt bezogen werden können.
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Die EMS Systeme wurden von Herrn Kohler bei AOK Swiss jeweils mit einem kurzbauenden Borg Helikal-Fokussierer versehen.
Dadurch kann der Augenabstand am Doppelrefraktor etwa von 58 mm bis 70 mm variiert werden und deckt damit einen
weiten Bereich von überlicherweise vorkommenden Augenabständen ab. Allerdings ist nach Veränderung des Augenabstands
immer eine Nachfokussierung erforderlich. An dem rechten Umlenksystem befinden sich zwei Stellschrauben, mit denen der
erste Umlenkspiegel in zwei zueinander senkrecht stehenden Richtungen geneigt werden kann. Damit lassen sich ganz
intuitiv die Bilder der beiden Refraktoren zur Deckung bringen, auch bei hohen Vergrößerungen.
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Am oberen Querstück des "H"-Verbinders aus hochfestem Aluminium wurde ein Tragegriff angebracht, der den Transport des
Doppelrefraktors auf einfache Weise ermöglicht und das Aufsetzen auf ein Stativ enorm erleichtert. Die Verbindung
der beiden Refraktoren durch die H-förmigen Elemente ist bombenfest. Sollen die Refraktoren einzeln eingesetzt werden,
z.B. für die Astrofotografie, dann lassen sich die H-Verbinder leicht entfernen, genauso, wie die EMS Systeme, die
einfach mit einer 2"-Steckhülse im Auszugsrohr der Refraktoren stecken.
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Am unteren H-Verbinder ist eine 20 cm lange Prismenschiene angeschraubt, mit der eine Montage auf jeder Montierung
mit einer Vixen-Level Prismenklemmung möglich ist. In meinem Fall ist dies nun eine Gabel von Astromechanik auf dem Vixen HAL110,
die den Doppelrefraktor sicher trägt und feinfühlig nachgeführt werden kann.
Auf Reisen geht aber auch ein Video-Neiger HDV-503 von Manfrotto,
der auf einem Manfrotto-Stativ mit höhenverstellbarer Mittelsäule montiert ist. Diese Kombination ist bei dem
Gesamtgewicht von etwa 10 kg sicherlich grenzwertig, geht aber wegen der Öldämpfung des Kopfes auch bei höhren
Vergrößerungen noch erstaunlich gut.
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Die Gabel wurde nachträglich noch mit einem "Nachführhebel" ausgestattet, welcher mittig an die Wippe der der Gabel
angeschraubt wurde. Dafür musste ein Winkelträger aus dem Baumarkt herhalten, der wohl ursprünglich mal dafür gedacht
war, als Träger für irgendwelche Sachen an Kellerdecken zu fungieren. Die Länge passt perfekt und der Hebel erlaubt
ein feinfühliges, präzises Nachführen des Doppelrefraktors.
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Erste Beobachtungen mit dem Doppelrefraktor am Mond zeigten sofort seine Stärken auf, ein brilliantes, farbreines Bild,
auch bei Vergrößerungen oberhalb von 100x, gepaart mit einer unglaublichen Plastizität der Mondoberfläche. Hier zeigt
sich sogleich der Unterschied zu einem Binoansatz, wo mir solch eine plastische Wirkung noch nicht untergekommen ist.
Ich bin schon gespannt wie sich der Doppelrefraktor am Planeten und bei der Deep-Sky-Beobachtung schlagen wird. Es wird
zu gegebener Zeit darüber berichtet werden.
Clear Skies
Thomas
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