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First-Light-Bericht des Hofheim-Reisedobson

    Mainz, 07.11.05

    Nach ca. 3 Monaten Wartezeit war es nun gestern endlich soweit. Nachdem ich das Gerät gestern bei den Tennigkeits abgeholt hatte und vor Ort nochmal von Herrn Tennigkeit ausführlich mit vielen Tips und Tricks in den Aufbau des Geräts eingewiesen wurde, habe ich es zuhause zunächst nochmals auf- und abgebaut um ein bischen mehr Routine zu bekommen, insbesondere auch bei der Kollimation. Da der Himmel über Mainz gegen 22 Uhr immer noch vielversprechend klar war, hat es mich doch in den Fingern gejuckt das Gerät nun auch mal am Himmel zu testen, obwohl ich ursprünglich mit meinen Refraktor rausfahren wollte um Mars zu beobachten, der ja bekannterweise zur Zeit sehr gute Beobachtungsbedingungen bietet :-) Also das kleine Dobson-Kistchen und meinen Okularkoffer gegriffen und los!
    Uups, gar keinen Schweißausbruch gegriegt beim Runtertragen aus dem 5. Stock (kein Aufzug!), sehr angenehm. Mein Refraktor mit Montierung und Stativ, verlangt mir da bei einmal gehen schon wesentlich sportlichere Leistungen ab. Am Beobachtungsort (Jugenheimer Grund SW von MZ, Grenzgröße etwa 5.8) angekommen, stellte sich heraus, dass die Landwirte dort ziemlich gewütet hatten, alle asphaltierten Wirtschaftswege waren total verschlammt, da traut man sich ja kaum sein neues Fernrohr hinzustellen :-( Naja, getreu dem Motto, ein Fernrohr ist zum durch- und nicht zum anschauen da, ging der Aufbau flux von statten. Nach etwa 10 min stand das gute Stück fertig aufgebaut da, sehr einfach, auch für einen ungeübten.
    Nun ans Kollimieren mit einem langbauenden Cheshire-Okular. Hauptspiegelmittenmarkierung mittig ins Fadenkreuz gebracht über Fangspiegelschrauben und dann Fangspiegelreflex mitteig zur Haupspiegelmarkierung eingerichtet, soweit so gut. Dann 27er Panoptic rein und erwartungsvoll auf den gerade aufgehenden Orionnebel draufgehalten (auch ohne Peilsucher, den muss ich noch anbauen, leicht zu finden). Oh Schreck, Sterne um den Nebel durch fokussiern absolut nicht scharf zu bekommen! Stimmt die Kollimierung? Schnell nochmal überprüft, stimmt, Schweißausbruch! Dann viel es mir wie Schuppen von den Augen!!! Ich Trottel hatte vergessen die Plexiglasschutzplatte über dem Hauptspiegel zu entfernen, die sieht man im dunkeln nämlich nicht mehr, bleibt aber beim Aufbau über dem Spiegel, um ihn bei eventuell herunterfallenden Teilen zu schützen. Also, Plexiglasplatte raus und nochmal kollimiert! Dann wieder Orionnebel und aaahhh, ja das sah schon besser aus, erstmal Schweiß abtupfen und Puls runterbringen.
    Im Nebel (M42/43) viele Details mit dunklen Strukturen, die Arme umlaufend, sich vorne wieder treffend, 4 Trapezsterne eindeutig aufgelöst. Dann gleich mal rübergeschwenkt zum linken Gürtelstern und siehe da, der Flammennebel war sofort zu erkennen, schwach zwar aber deutlich mit Dunkelstrukturen. Diesen Nebel habe ich in meinem 4-Zöller noch nie sehen können! Der helle Gürtelstern am Gesichtsfeldrand zeigte dann auch auffallend eine deutliche Koma, wie beim dem f/4 Gerät auch zu erwarten war. Ich empfand die Koma aber nur bei hellen Sternen am Gesichtsfeldrend (äußeres Drittel) als unangenehm bei schwächeren Sternen ist sie nicht so auffällig.
    Dann mal den Orionnebel mit 16 mm Nagler aufs Korn genommen, immer noch komplett im Gesichtsfeld, Details sind jetzt noch einfacher zu erkennen und zahlreich. Hier zeigt sich zum ersten mal der Nachteil des feingängigen Helikal-Fokussieres, vom 27 mm Panoptic zum 16 mm Nagler muss ganz schön viel geschraubt werden, hier zeigt sich warum homofokale Okulare sehr nützlich sein können! Ok, wenn mans weiss, kann man die Okulare auch in der Steckhülse etwas weiter draussen klemmen. Der feingängige Fokus hat sich dann aber doch noch als sehr nützlich erwiesen, dazu später mehr.
    Erstmal mit dem 22 mm Panoptic auf die offenen Sternhaufen im Fuhrmann gehalten, sehr beeindruckend, viele Sterne, punktförmig im Zentrum des Blickfeldes. Insbesondere der südlichste (ich glaube M38) mit den meisten aber schwächeren Sternen sehr beeindruckend!
    M35 toll, auch der kleine Sternhaufen daneben ist sofort deutlich zu erkennen, allerdings nicht aufgelöst in Einzelsterne.
    Weiter zu M31, dem Andromedanebel, sehr hell, sehr groß, M110 und M32 hell und deutlich, weiterhin das große Staubband in Richtung M110 als recht scharfe Begrenzung sichtbar.
    Dann noch M33 aufgesucht, einfach zu sehen, aber ohne Spiralstruktur. Dafür ist der Himmel bei MZ nicht gut genug.
    Nachdem ich dann noch ein paar offenen Sternhaufen in der Cassiopeia in der funkelnden Milchstrasse gescannt habe, wollte ich es mir nicht verkneifen auch mal den Mars aufs Korn zu nehmen. Zunächst mit dem 4,8 mm Nagler. Die zunächst unscharfe Marsscheibe zeigte Zentral die Obstruktion durch den Fangspiegel und symmetrisch dazu die drei Fangspiegelstreben, also die Kollimation scheint fürs erste ganz gut gelungen zu sein. Nach dem Scharfstellen zeigte sich eine sehr helle Scheibe, auf der an der Nordseite eine leichte Aufhellung (Nordpolwolkenhaube) und auf der südlichen Seite ein dunkles Band sowie eine Verdunkelung um den Südpol herum sichtbar waren. Der Kontrast wird durch die Beugung an der Fangspiegelspinne etwas gemindert, da durch die Beugungsspikes Streulicht im Okular produziert wird. Das Seeing war zeitweise gar nicht übel (leichter Bodennebel und feuchte Luft), so dass ich mit der Vergrößerung noch hochziehen konnte. Bei 229x im 3,5 mm Nagler werden die dunklen Strukturen noch etwas besser sichtbar, die Scheibe ist aber immer noch sehr hell. Ein Orangefilter brachte die Dunkelstrukturen dann noch besser heraus. Hier zeigte sich beim fokussieren die Nützlichkeit des feingängigen Helical-Auszugs! Ging da etwa noch mehr? Also 2,5 mm Nagler ausprobiert (320x) und immer noch war ein erstaunlich brauchbares Planetenscheibchen sichtbar, blickweise absolut scharf mit deutlichen Konturen. Selbst bei 320x war es kein Problem, den Dobson nachzuführen, sehr leichtgäging und doch positionsstabil dank Friktionssystem. Nochmal einen Blaufilter ausprobiert, welcher die helle Kappe am Nordpol deutlicher rausbrachte.
    Dann allerdings machte sich so langsam der Tau störend bemerkbar und ich begann mit dem Zusammenbau. Einfach in umgekehrter Reihenfolge alles wieder zerlegen und fertig. Lediglich drei Schrauben müssen komplett entfernt und 4 weitere gelöst werden, alles andere wird mit einfach zu bedienenden Klemmen fixiert. Das geht noch schneller, als beim Aufbau, etwa 5 min. Die Heckablage meines Autos lieferte dabei gute Dienste, um die Teile des Dobson kurz abzulegen, bevor alles wieder in der Kiste, welche als Unterbau fungiert, verschwand. Auch der sonst immer sehr zähe Aufstieg in den 5. Stock meines Wohnhauses war danach nur noch ein Klacks :-)
    Alles in Allem für den Anfang sehr überzeugend, bin schon gespannt, was der Kleine Dobson unter wirklich dunklem Himel noch zu leisten vermag. Ich denke, das Gerät wird zu meinem neuen Lieblingsschnellspechtelgerät mutieren.

    Viele Grüße
    Thomas

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