Frühlingserwachen mit Quila
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Datum: 20.04.15 auf 21.04.15
Ort: Laufenselden
Zeit: 20-2:30 Uhr
SQM: 21,2
Eine gefühlte Ewigkeit ist nun schon vergangen, seit ich das letzte Mal mit einem Teleskop im Feld war. Nach genauer Überlegung
war das erschreckenderweise im vergangen September auf La Palma. Seit dem hat es irgendwie nicht mehr gepasst mit Schönwetterlagen
rund um Neumond. Doch ein stabiles Hoch mit dem Namen Quila versprach Mitte April Abhilfe zu schaffen. Leider war es mir dieses
Jahr nicht vergönnt am Taubensuhler Teleskoptreffen teilzunehmen, da mit der Kommunion meines Patenkindes wichtigeres anstand
aber das Hoch war stark genug um mir und einigen Sternfreunden noch eine schöne Beobachtungsnacht nach dem Wochenende zu
verschaffen. Ich wollte an diesem Abend unbedingt meinen neuen
12"-Reisedobson
austesten der sehnlichst auf sein Firstlight
wartete. Horia hatte am Nachmittag frühzeitig einen Beobachtungsaufruf gestartet, dem auch rasch einige Sternfreunde gefolgt sind.
So waren wir insgesamt 7 Leute in Laufenselden:
Hans-Dieter mit seinem 8" Meade SC
Horia mit seinem 18" Dobson
Ingo mit seinem 8" Dobson
Hans mit seinem 5" Tak Apo
Dietmar und Herbert mit Herberts 16" Dobson
und ich selbst mit meinen 12" Reisedobson.
Ich traf bereits frühzeitig vor Sonnenuntergang am Sportplatz in Laufenselden ein, um in Ruhe meinen 12er aufbauen zu können. Am
Himmel zeigten sich im Norden ein paar Zirruswolken und auch über dem Platz gab es einige Kondensstreifen von den Fliegern des
Frankfurt-Airport. Mein Eindruck ist, dass der Himmel über dem westlichen Taunus seit der Eröffnung der neuen NW-Start/Landebahn
signifikant schlechter geworden ist, hervorgerufen durch den stark erhöhten Flugverkehr, bedingt durch die Änderung der Flugrouten.
Naja, immerhin sollte der Himmel nach Mitternacht aber richtig gut werden.
Nach gemütlichen 20 Minuten war der 12er dann einsatzbereit, ein erster Blick ging auf Venus, die in der Abenddämmerung Oberhalb
der jungen Mondsichel mit aschgrauem Licht stand und eine ca. ¾ volle Phase zeigte, ansonsten aber unspektakulär war. Ganz anders
Jupiter, bei 220x im 6mm Ethos knackig, bei überraschend gutem Seeing, mit vielen Details in den Bändern. Selbst 360x mit dem
3,7mm Ethos war zeitweise sehr ansehnlich. Die Optik scheint also schon mal zu halten, was der
Testbericht
versprochen hat. Später war dann auch noch der große rote Fleck (tatsächlich schön in Rot) im Zentralmeridian sichtbar sowie der
Schatten des Mondes Io.
Nach Einsetzen der Dunkelheit war die helle Venus noch sehr störend aber die ersten Deep-Sky-Objekte konnten angefahren werden.
Zu Beginn musste man dabei immer noch in den Lücken zwischen den Zirren schauen. Bei mir war das erste Objekt der Nacht die das
Leo-Triplett M65/M66/NGC3628, im 31er Nagler bei 40x schön alle drei Galaxien im Feld, bei 220x Spiralarme angedeutet bei M65/M66.
Als zweites Objekt folgte der "Eskimo"-Nebel NGC2392, im 31er Nagler leicht zu sehen als grünlicher Blop neben einem Stern, bei
220x eindeutig die innere Schale mit "Kinn" Richtung Nachbarstern zeigend sowie äußerem Halo wahrnehmbar. 360x bringt keine
Verbesserung mehr, das Seeing ist nicht gut genug um innere Strukturen aufzulösen. Auch im 18er keine innere Struktur erkennbar
aber die "Kapuze" mit Schale und Halo bei 600x sehr deutlich. Danach stellte Horia den "Little Eskimo"-Nebel IC3568 in der
Giraffe ein, mit 18" Durchmesser wesentlich kleiner als sein großer Bruder aber im 18er bei 600x schön, mit einem hellen Zentrum
und schwächerem Halo sowie einer leicht asymmetrischen, ovalen Form.
Danach weiter mit Zirrenhopping, in den Bootes zu M3, bei 220x im 12er schön aufgelöst. Zwischenzeitlich wurde im 18er von Horia
M51 eingestellt, bei 200x sind schöne Spiralarme sichtbar mit Knötchen sowie Begleitgalaxie und "Brücke". Im 12er ist die Galaxie
ebenfalls sehr ansehnlich mit deutlichen Spiralarmen. Angeregt durch diese Beobachtung stellte ich dann die "Spindel"-Galaxie
NGC4565 in Coma Berenice ein, bei 150x erscheint eine lange Nadel mit eindeutigem Staubband, welches den Kern der Galaxie etwas
asymmetrisch trennt, im 18er von Horia ein Traum. Nicht weit entfernt steht die "Blackeye"-Galaxie M64, deren "schwarzes Auge" in
Form einer Dunkelstruktur in der Nähe des Zentrums in meinem 12er sofort deutlich sichtbar war. Im 18er von Horia bei 600x ist
das Objekt eine Offenbarung, rund um die Dunkelstruktur erscheint das Galaxienzentrum stark marmoriert, ein kleiner Spiralarm
windet sich südlich um das "Auge" herum, fantastisch.
Ich brauchte danach erst mal einen Klassiker im Okular und der Herkules mittlerweile eine akzeptable Höhe über dem Horizont
erreicht hatte, wurde es der Kugelsternhaufen M13. Schon im 31er Nagler bei 40x schön aufgelöst, wie Diamantstaub auf schwarzem
Samt, auch im Gesichtsfeld sofort sihtbar, die kleine Begleitgalaxie. Bei 220x ist der Haufen eine wahre Pracht, mit vielen,
auslaufenden Sternketten.
Der große Wagen stand nun schon im Zenit, was mir die Gelegenheit bot mir 2 Objekte aus meiner Lieblingskategorie
"Ungewöhnliche Paare" anzuschauen, der planetarische Nebel M97, auch "Eulennebel" genannt sowie die Galaxie M108. Im 12er bei
40x in schöner Eintracht locker gemeinsam im Gesichtsfeld unterzubringen. M97 erscheint dabei rund und sehr groß, im Durchmesser
fast genauso groß, wie die Längsausdehnung der Galaxie. Bei 220x sind die "Augen" der Eule schwach aber eindeutig sichtbar, die
Galaxie mit länglicher Ausdehnung erscheint leicht marmoriert. Viel schöner ist das Paar im 18er, M97 ganz deutlich mit "Augen",
und in M108 ist auch deutlich mehr Struktur zu erkennen.
Ich stellte dann noch M101 die "Feuerradgalaxie" ein, im 12er bei 150x sind klar Spiralarme mit vielen Knoten darin, welche
HII-Regionen darstellen, zu erkennen. Bei 100x wird die Erkennbarkeit der Spiralstruktur schon wieder schwieriger, es sieht nun
mehr wie ein großer Nebelfleck aus, M101 braucht etwas mehr Vergrößerung.
Mittlerweile haben Hans-Dieter, Dietmar mit Herbert und Ingo die Rückfahrt angetreten, einige waren noch von der Beobachtungsnacht
am Samstag etwas müde bzw. mussten früh raus zur Arbeit. So beobachteten Horia und ich dann noch ein Weilchen allein, wobei der
Schwerpunkt nun im Virgo-Galaxienhaufen lag.
Den Anfang machte M104, die "Sombrero"-Galaxie, im 12er zwar mit Staubband, das aber mehr als scharfe Kante nach Süden hin
sichtbar wird. Im 18er hingegen sah man deutlich unterhalb der Staubbandkante den schwachen, unteren Bulge der Galaxie, wodurch
der Staubbandcharakter viel deutlicher hervorstach. Dann schwenkten wir ans östliche Ende des Löwen, zum "Magic T", dem Einstieg
in das Zentrum des Virgo-Haufens. Am oberen westlichen Ende des "Magic-T" fällt sofort die Spindelgalaxie M98 auf, deutlich
schon im 12er, marmoriert im 18er. Weiter unten im T liegt M99, sehr hell und rundlich, im 18er mit Strukturen. Auf dem Weg
weiter zum Anfang von Makarians Galaxienkette stießen wir neben weiteren teils schwachen Galaxienblobs auf ein interessantes
Galaxienpärchen, zwei Spindeln die fast parallel ausgerichtet sind und unmittelbar benachbart. Die hellere NGC4216 ist die
"Silver Streak"-Galaxie, ihr Nachbar etwas kürzer und viel schwächer, ein schönes Paar. Der Einstieg in Makarians Kette erfolgt
dann über M84, von dort nach Osten über M86, "The Eyes" NGC4435+NGC4438, NGC4458, NGC4473 und NGC4477. Diese Kette von Galaxien
lässt sich im Dobson schön abfahren, die Galaxien liegen so nah beieinander, dass man sich bequem von einer zur nächsten hangeln
kann. Südlich der Makarian-Kette haben wir dann noch M87 angesteuert, den großen Attraktor im Virgo-Haufen mit einem schwarzen
Loch im Zentrum, das 36 Mrd. Sonnenmassen aufweist. Die Galaxie sieht relativ unspektakulär aus, gar nicht mal so groß, mit einem
hellen Kern und einem schwachen äußeren Halo, der diffus ausläuft. Das supermassive schwarze Loch emittiert zwei diametrale Jets
nach außen, von dem einer im Prinzip beobachtbar ist, weil er von uns aus vor dem Galaxienzentrum liegt. Der Stropek gibt an,
dass man ihn ab 20" Öffnung sehen können sollte. Wir haben bei 600x im 18er keinen Erfolg gehabt, wussten aber auch nicht exakt,
wo wir suchen mussten.
Mittlerweile war es nach 2 Uhr geworden und wir waren beide etwas müde. So fingen wir dann an abzubauen, aber nicht ohne noch
ein kleines Schwätzchen mit Hans zu halten, über sein Argo-Navis-System an seinem Spacewalk-Dobson. Um 2:30 traten wir dann die
Heimfahrt an. Mit der Performance meines neuen Reisedobsons war ich sehr zufrieden, ein paar kleine Verbesserungen noch und
dann wird er wohl zu einem häufig eingesetzten Gerät mutieren.
Clear Skies
Thomas
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