Selbstbau eines 8"-Minimalist-Dobsons (Duschvorhangstangendobson)
|
Nach einigen Jahren der Nutzung eines Hofheim-Reisedobsons mit großer
Zufriedenheit kam irgendwann der Wunsch auf ein noch leichteres Gerät zu bauen, welches auch mal bei einer Bergwanderung im
Rucksack mitgenommen werden kann. Animiert durch den String-Dobsons meines Mitbeobachters Christian Liesenfeld
(Leo Minor) und eine Duschvorhangstange, die noch nutzlos in meiner Wohnung stand,
war schnell eine Idee geboren, mit der groben Zielsetzung das Gewicht des Hofheim-Reisedobsons zu halbieren.
1. Konzept
Anders als bei meinem 16"-Selbstbaudobson, der im wesentlichen nach Vorgaben
von Berry und Kriege (The Dobsonian Telescope) gebaut wurde,
habe ich diesmal den Dobson zunächst auf dem elektronischen Reissbrett konstruiert (s.u.).
Das Teleskop ist im Wesentlichen aus Ringen aufgebaut, Hutring und Spiegelring mit Spiegelhalterung, daran angeschraubt
die halbringförmigen Höhenräder sowie der "Rockerring" auf dem ringförmigen Standfuß. Dadurch wird der gesamte Aufbau
sehr leicht. Die Verbindung zwischen Hutring und Spiegelring wird durch drei Duschvorhangstangen realisiert, welche
zweigeteilt sind (ineinandergeschoben mit Federwirkung) und die an jedem Ende mit je zwei schräg zum gegenüberliegenden
Ring laufenden "Strings" (2 mm dickes Stahlseil aus dem Baumarkt) verbunden sind. Interessanterweise konnte ich neben meiner vorhandenen, mindestens 15 Jahre alten Stange
noch zwei weitere im Baumarkt erwerben, die haben sich in all den Jahren nicht verändert :-) Die Strings werden durch die Federn
der Duschvorhangstangen gespannt. Das optische System ist wie beim Hofheim auf f/4 ausgelegt, dadurch bleiben die Stangen kurz
und die Verbindung steiff genug. Der Fangspiegel sollte mit 44 oder 43 mm etwas kleiner werden, als beim Hofheim, was zu einer
etwas geringeren Obstruktion (22%) führt und für den geplanten Einsatz von 1 1/4" Okularen völlig aussreicht.
2. Die Realisierung
|
Der Hut ist ein Mono-Ring aus 15 mm dickem Birke-Multiplex-Holz. In dessen Unterseite wurden mittels eines Forstner-Bohrers
im Winkel von je 120° drei ca. 2 mm tiefe Taschen gebohrt, in denen später die Stangen sitzen. Links und rechts neben den
Stangensitzen werden je eine Rambamuffe in den Hutring eingedreht, in die später Haken zur Befestigung der Stringseile
eingeschraubt werden können. Das Fokussierbrett ist aus 9 mm dickem Birkemultiplex-Holz und trägt einen Helikal-Fokussierer
von Antares. Dieser ist relativ leicht und läuft nach kleiner Einfettung relativ spielfrei.
|
Die dreiarmige Spinne wurde aus Pucksägeblättern nach einem leicht modifizierten Prinzip von Rolf Geissinger
(Sternfan)
angefertigt. Dazu mussten die Blätter etwas gekürzt und mit einem neuen Stift versehen werden. Die Sägeblätter werden
im Zentralteil eingehängt und auf der gegenüberliegenden Seite in eine eingeschlitze Langmutter gesteckt, welche seitlich
zur Durchführung des zweiten Stiftes aufgebohrt wurden. Die Langmuttern sitzen dann in radialen Bohrungen im Hutring und
können von aussen mittels einer Inbusschraube angezogen werden. Bei dieser Konstruktion muss nichts geklebt werden, die
Sägeblätter können im Bedarfsfall jederzeit durch neue getauscht werden. Im Zentralteil sitzt zentrisch eine M6-Schraube
mit Federlagerung an welcher unten ein gebogener Alu-Winkel angeschraubt ist. Der Alu-Winkel kann von oben mit drei
M4-Schrauben in der Neigung verstellt werden, für die Fangspiegeljustage.
|
|
|
Der untere Spiegelring ist wie der Hut aus 15 mm dickem Birkemultiplex-Holz und weist aussen zwei Rechteckige Stege auf, an
welche die Höhenräder angeschraubt werden können. Direkt unter dem Spiegelring befindet sich die Spiegelhalterung aus 9 mm
dickem Birkemultiplex-Holz, welche an federgelagerten Schrauben hängt und von oben mittels Flügelmuttern justierbar ist.
Die Lagerung kann durch weitere drei Konter-Schrauben von oben fixiert werden. Der Haupspiegel wird mit drei
Silikonklebepunkten (Dreipunktlagerung) auf die Spiegelhalterung aufgeklebt, was ausreichend stabil ist und zu keiner
nennenswerten Durchbiegung führt.
|
Die Basis des Dobsons (Rockerring statt Rockerbox) besteht aus zwei konzentrischen Ringen aus je 12 mm dickem Birkemultiplex-Holz.
In den einen Ring wurde mittels einer Oberfräse eine Phase eingefräst (Dank an
Doc Wittek
), in der der untere Ring, der als Standfuß dient, spielfrei
läuft. In die Ausfräsung wurde ein Teflonring eingeklebt, auf dem direkt die gewölbten Oberseiten der Einschlagmuttern des
Standrings laufen, auf deren gegenüberliegenden Seiten Hutmuttern als Standfüße angeschraubt wurden. Auf der Oberseite des
Laufrings wurden zwei V-förmige Basen als Lager für die Höhenräder verschraubt, ebenfalls aus 9 mm dickem
Birkemultiplex-Holz.
|
|
|
Die Höhenräder sind aus 9 mm dickem Birkemultiplex-Holz und zur Gewichtsreduktion mit kreisförmigen Aussparungen versehen.
Die Räder werden mittels je zwei Rändelschrauben an den Spiegelring angeschraubt und vorne durch ein Aluminiumrohr
miteinander verbunden, was zu einer deutlichen Stabilisierung führt. Der Durchmesser der Höhenräder beträgt 36 cm und
wurde vorab so berechnet, das sich der Hut mit Okular und Koma-Korrektor bei jeder Auslenkung im Gleichgewicht mit dem
Hauptspiegelring befindet.
|
Da der Okularauszug dann doch etwas schwerer wurde als geplant und auch noch ein Quickfinder auf den Hut montiert wurde, musste
dann doch noch eine zusätzliche Federspannung realisiert werden. Dazu wurde eine ca. 20 cm lange und relativ dünne Zugfeder
über eine Umlenkrolle an den hinteren Teil des Höhenrades geführt. Mit zunehmender Auslenkung des Dobsons nach unten baut
sich mehr Spannung in der Feder auf, so dass der Dobson auch bei voller Zuladung immer im Gleichgewicht bleibt, auch bei
Okularwechsel. Der Dobson hat zwei solcher Systeme, es wird bei 1 1/4"-Okularen aber nur eines benötigt.
|
|
|
Die Holzteile des Dobson wurden abschließend noch in einem Nußbaumfarbton gestrichen und überlackiert. Am Hut kann eine
Streulichtblende montiert werden, die den direkten Lichteinfall in den Okularauszug verhindert. Das Gesamtgewicht dieses
Dobsons beträgt 4 kg und damit nur halb so viel, wie das meines Hofheim-Dobsons. Die Einblickhöhe ist aber mit ca. 80 cm
in Zenitstellung recht gering und erfordert entweder einen Tisch zur Beobachtung oder das Sitzen in Bodennähe. Dies ist sicher
nicht jedermanns Sache, für mich aber kein Problem (noch nicht jedenfalls ;-), das geringe Gewicht macht da einiges wieder wett.
|
Der Dobson kann zerlegt bequem in einer Tasche verstaut werden. Dazu habe ich eine für Musikinstrumente (Becken) ausgelegte
Tasche erworben, die wie ein Rucksack getragen werden kann und auf der Vorderseite noch ein großes Extrafach besitzt, in
welchem das Zubehör, wie Quickfinder, Okulare, Komakorrektor etc. verstaut werden können. Über das
Firstlight
wird an dieser Stelle später noch zu berichten sein, den ersten Test am Taghimmel hat er jedenfalls schon einmal bestanden.
Der Dobson läuft recht rund, schwingt trotz des geringen Gewichts nicht allzu sehr nach. Wenn er mit zwei Händen bewegt wird,
eine am Hut, die andere am Höhenrad, dann sind kaum Schwingungen vorhanden. Die Justage bleibt beim Schwenken erhalten, solange
man keine Torsionskräfte zwischen Hutring und Spiegelring aufbringt (kommt bei normaler Beobachtung aber nicht vor!).
|
|
|
Nachtrag:
Auf Empfehlung einiger Sternfreunde habe ich nachträglich noch eine Versteifung der weit ausladenden Höhenräder realisiert.
Dazu habe ich nicht zwei Stangen von je einem Horn der Höhenräder zur Mitte des Spiegelrings geführt, sondern dem Prinzip
des Stringdobsons treu bleibend, zwei Strings mit je einer Spannschraube montiert. Dieses Prinzip arbeitet nicht auf Druck,
sondern auf Zug, was nur geht, weil die beiden Höhenräder vorne mit einer Querstange verbunden sind.
|
Bei hohen Vergrößerungen war mir der Dobson doch irgendwann zu kopflastig und ich habe deshalb, dem minimalistischen Prinzip
folgend, doch einen leichten Kine HC-1 Okularauszug eingebaut. Dieser wiegt nur 62g, was zusammen mit dem Umstand, dass nun konsequent auf
einen Koma-Korrektor verzichtet wird (werden muss, wegen 1,25" Format), zu einem deutlich besseren Schwingverhalten. Auf die
Federspannsysteme kann daher nun auch komplett verzichtet werden.
|
|
|
Um die gesamte Konstruktion weiter zu versteifen, wurden Schraubklemmen, wie sie bei Teleskopstangen im Malerbedarf verwendet werden,
an den Duschvorhangstangen montiert. Somit können die beiden gegeneinander federgelagerten Stangenteile fixiert werden, was unter
Last ein Zurückfedern der Stangen bei allzu schwungvollem Nachführen des Dobsons verhindert.
|
|
|